Rechte zu haben reicht nicht, denn Kinder können diese Rechte gegen Erwachsene nicht durchsetzen, sie brauchen dafür Erwachsenen, die es für die Kinder umsetzen, indem sie demokratische Strukturen schaffen. Deshalb haben wir eine verlässliche Grundlage geschaffen, unsere Kita-Verfassung, die für alle Mitarbeitenden verbindlich ist und die den Kindern und Eltern regelmäßig bekannt gemacht wird.
Wir sind davon überzeugt, dass alle Kinder eigenständige Persönlichkeiten sind, deren wesentliche Entwicklungsmotoren die eigene Neugier und eigene Erfahrungen sind. Dass sie insofern „Selbstbildner“ sind, die ein Recht auf Selbstbestimmung haben und brauchen, um ihren inneren Kompass zu finden und ihren eigenen Entwicklungsimpulsen zu folgen.
Ein paar kleine Einblicke, wie wir in unserer Einrichtung vorgehen, um die Kinderrechte umzusetzen:
1. Damit Kinder mitentscheiden und mithandeln können, brauchen sie Erwachsene, die ihnen zuhören und mit ihnen auf Augenhöhe sprechen. Wir achten daher darauf, feinfühlige Fachkraft-Kinder-Beziehungen zu gestalten, schon im U3-Bereich alle Signale der Kinder wahrzunehmen, um zu erkennen, was sie umtreibt und darauf angemessen einzugehen.
2. Wir nehmen Kinder ernst, gestehen ihnen eigene Interessen zu und trauen ihnen etwas zu. Dabei geben wir ihnen Zeit, alles was sie schon selbst tun können, auch selbstständig zu erledigen: z.B. sich anzukleiden, ihr Frühstück selbst zuzubereiten oder sich Aktivitäten zu suchen, getreu dem Satz von Maria Montessori: „Hilf mir, es selbst zu tun!“ Und für Kinder, denen beim Selbsteingießen zunächst noch etwas daneben geht, stellen wir einen Wassereimer mit Lappen zur Verfügung, damit sie den Platz selbst wieder in Ordnung bringen können. Wir lassen sie nicht nur altersgemäß Verantwortung für sich selbst übernehmen, sondern bestärken sie in ihrem Eigensinn. Dabei achten wir auf jedes Kind und seine Möglichkeiten, um kein Kind zu über- oder zu unterfordern. Kinder brauchen Geborgenheit und Fürsorge, aber sie bemühen sich schon sehr früh, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und zeigen durch ihr Handeln, was sie bereits bewerkstelligen können und welchen Entwicklungsherausforderungen sie sich stellen möchten. In unseren vielseitigen Räumen mit einem herausfordernden Materialangebot gibt es für jedes Kind in seinem eigenen Rhythmus viel zu entdecken… auch die eigenen Interessen und Wünsche!
3. Wir fördern punktuelles Engagement. Hilfsangebote der Kinder nehmen wir an, auch wenn es für uns nicht immer direkt eine „Hilfe“ ist. Das bedeutet für uns, uns zurück zu halten, geduldig zu sein, auch wenn man z.B. den Tisch sehr viel schneller abgeräumt und gesäubert hätte. Wir geben Kindern Zeit, sich an lebenspraktischen Dingen zu beteiligen: Fegen, Tiere füttern, Küchendienst und betrachten Helfen als eine Investition in die Zukunft. So können sich Kinder bei uns aktiv in die Erledigung täglicher Aufgaben einbinden. Helfen ist immer freiwillig! Und wir räumen ihnen dabei Spielräume ein, wie sie die Aufgaben erfüllen.
4. Wir machen Kindern die Möglichkeiten des Mithandelns transparent. Damit sie sich beteiligen und engagieren können, müssen sie wissen, worum es geht. Mündliche Anweisungen sind oft schwierig zu verstehen und sich zu merken. Deshalb haben wir ritualisierte Abläufe und visualisieren wiederkehrende Handlungen.
5. Wir gestalten Aufgaben und Herausforderungen demokratisch. Seit langem schon entscheiden die Kinder zum Beispiel mit, welche Spielmaterialien neu angeschafft werden, was sie sich auf einem Buffet bei Festen wünschen. Sie stimmen über zusätzliche Nahrungsmittel für die Erweiterung des Frühstücks der kommende(n) Woche(n) ab.
Es gibt bei uns ein Beschwerdemanagement für Kinder, durch das sie auch zu Beschwerden über Fachkräfte herausfordert werden. Gerne auch mit Unterstützung durch ihre Eltern, die den Kindern bei Bedarf zunächst noch den Rücken stärken und mit ihren Kindern gemeinsam Beschwerden vorbringen.
6. In der bereits genannten Kitaverfassung, in der die Rechte der Kinder geklärt sind geht es auch um diese verlässlichen Beteiligungsgremien:
Kindersprechstunde
14-tägig gibt es am Montagvormittag die Kindersprechstunde für alle Sternschnuppenkinder. Dabei können sie einzeln oder mit einem anderen Kind gemeinsam der Leitung etwas mitteilen, Wünsche äußern oder Beschwerden vorbringen. Die Themen, die dabei besprochen werden, können, sofern sie nicht sofort zu klären sind, einer Kinderkonferenz, dem Kinderparlament oder der Teamsitzung der pädagogischen Mitarbeiter*innen zur Entscheidung vorlegt werden. Die Kinder selbst oder die Einrichtungsleitung mit Zustimmung der jeweiligen bringen die Themen auf die entsprechende Tagesordnung.
Kinderkonferenz der Sternschnuppen
Die Kinder ordnen sich zu Beginn des Kindergartenjahres einer der drei Besprechungsgruppen zu und treffen sich darin wöchentlich. Um einen Punkt auf die Tagesordnung zu bringen, gestalten die Kinder eine Karteikarte mit ihrem Anliegen, die sie dann in den jeweiligen Briefkasten ihrer Kinderkonferenz werfen: Rot, Blau oder Grün.
Alle Tagesordnungspunkte und getroffenen Entscheidungen werden simultan im Dialog mit allen Anwesenden mittels Symbole und ergänzt durch Schrift protokolliert.
Die Kinder in den Kinderkonferenzen wählen aus ihrem Kreis die Delegierten, die die Interessen der Gruppe im Kinderparlament vertreten sollen. Jede Konferenzgruppe entsendet zwei Delegierte in das Kinderparlament.
In den U3-Gruppen finden noch keine Kinderkonferenzen statt. Dort werden die Kinder zunächst dabei begleitet, eine Gesprächskultur in der Gruppe zu entwickeln und demokratische Entscheidungsverfahren zu lernen.
Kinderparlament
Die sechs gewählten Delegierten aus den Kinderkonferenzen, eine Erzieherin der Sternschnuppen und eine Erzieherin aus den U3 Gruppen, treffen sich mindestens 14-tägig, bei Bedarf auch häufiger mit der Leitung.
Diese pädagogische Mitarbeiter*in aus dem U3-Bereich vertritt die Interessen der U3 Kinder. Sie/er kann sich dabei gegebenenfalls von bis zu zwei Kindern begleiten lassen.
Es können auch Vertreter*innen der Eltern oder des Trägers, deren Kinder nicht Delegierte der Kinderkonferenzen sind, sowie weitere sachverständige Erwachsene oder Kinder zu einer Sitzung des Kinderparlaments eingeladen werden oder um eine Einladung ersuchen. Die Teilnahme erfolgt ohne Stimmrecht.
Das Kinderparlament entscheidet im Rahmen der im Abschnitt 2 der Kitaverfassung geregelten Zuständigkeitsbereiche über alle Angelegenheiten, die die ganze Einrichtung betreffen.
Alle Tagesordnungspunkte und getroffenen Entscheidungen werden simultan im Dialog mit allen Anwesenden mittels Symbole und ergänzt durch Schrift protokolliert und in einem Protokollordner für Kinder, Eltern und Mitarbeiter*innen zugänglich archiviert.
Die Mitglieder des Kinderparlaments berichten nach einer Sitzung in den Kinderkonferenzen mit Hilfe des Protokolls über die Beschlüsse des Kinderparlaments.